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Vom 7. - 11. Juni  fand die Aktionswoche der Schuldnerberatung in ganz Deutschland statt. "Der Mensch hinter den Schulden" war das diesjährige Motto. Aktionen vor Ort – zum Beispiel Diskussion-  oder Informationsveranstaltungen, Foto- und Plakataktionen – sollten für das Thema sensibilisieren.

Im Landkreis Haßberge wurden im Rahmen der Aktionswoche Befragungen der Klient*innen durchgeführt, um einen Eindruck zu vermitteln, welche Schicksale und Lebenswege sich hinter der Überschuldungssituation befinden. Aus den geführten Interviews werden im Folgenden anonymisierte Äußerungen zitiert. Verschuldete Menschen werden seit vielen Jahren von der Caritas beraten. Hier kümmern sich Karin Rosin und Heike Först um die Menschen, die hinter den Schulden stehen.

Absolute Diskretion ist die grundlegende Faustregel der beiden Caritas-Schuldnerberaterinnen. Die Hilfesuchenden müssen darauf vertrauen können, dass ihr Schicksal hier in den vier Wänden der Beratungsstelle verbleibt. Schwer genug ist es für sie, überhaupt den Weg in die Schuldnerberatung zu finden. Denn wer gibt schon gerne zu, dass er einen Schuldenberg hat, den man nicht mehr alleine bewältigen kann.

Die Augen zuzumachen, die Situation zu verdrängen – das macht das Ganze oftmals viel schlimmer. Das erlebte auch ein Ehepaar aus dem Landkreis Haßberge und appelliert deshalb: „Man muss sich früh genug eingestehen, dass man alleine nicht mehr weiter kommt. Die meisten machen eben nicht vorsätzlich Schulden, sondern geraten in die Schuldenfalle, z.B. weil man die Arbeit verliert oder weniger verdient.“ Alle Klient*innen beschreiben in den Beratungsgesprächen den hohen Belastungsdruck, den sie aufgrund ihrer Überschuldungssituation haben und damit einhergehend auch zunehmend gesundheitliche Beschwerden.

„Gute Beratung ist unerlässlich, denn Verschuldung ist viel mehr als ein rein finanzielles Problem. Die Belastungen betreffen in der Regel alle Lebensbereiche der Ratsuchenden: Partnerschaft, Arbeitsplatz, Wohnsituation, soziales Umfeld und schlussendlich auch die Gesundheit“ .erklärt Karin Rosin, die seit 6 Jahren im Bereich der Schuldner- und Insolvenzberatung tätig ist. Ihre 15-jährige Vorerfahrung aus der allgemeinen Sozialberatung ist dabei äußerst hilfreich.  

„Die Scham ist eine der größten Hürden, sich überhaupt bei uns zu melden.“, ergänzt Schuldnerberaterin Heike Först, die seit rund 20 Jahren überschuldete Personen berät. Eine Klientin berichtet:“ Es hat lange gedauert und viele Tränen und Überwindung gekostet. Als wir definitiv nicht mehr konnten und gemerkt haben, wir brauchen dringend Hilfe, hat uns eine inzwischen sehr gute Freundin den Tipp mit der Beratung bei der Caritas gegeben.“

Oftmals fängt es harmlos an, wie bei diesem jungen Mann aus dem Landkreis Haßberge: „Alles ging los mit der Autofinanzierung und überzogenem Dispo. Dann kam der erste Kredit bei der Bank. Eigentlich habe ich schon seit der Ausbildung Schulden.“ Eine typische Situation, die man in der Beratungsstelle gut kennt. Doch wie geht die Schuldnerberatung dann vor? Neben der Analyse der gesamten finanziellen Situation (Überblick über die offenen Verbindlichkeiten, Überprüfung der Forderungen, Erstellen eines Haushaltsplanes) werden gemeinsam Einsparpotentiale gesucht. Geklärt werden auch die Fragen: Gibt es eine Möglichkeit, die Einnahmen zu erhöhen, sind alle Sozialleistungen ausgeschöpft, wie z.B. Wohngeld? Die Interviews zeigen auch deutlich: Der größte Wunsch der Betroffenen ist es, ihre Schulden los zu werden, um wieder ein ganz normales Leben führen zu können. Und dranbleiben lohnt sich, weiß eine weitere Klientin der Schuldnerberatung: “Natürlich haben wir immer noch Magenschmerzen beim Öffnen der Post von Inkassobüros. Aber seit dem Schritt in die Schuldnerberatung ist es nun zumindest leichter, damit umzugehen.“

Auch aktuell ist der Andrang in den Schuldnerberatungsstellen groß, lange Wartezeiten bis zum ersten Termin sind keine Seltenheit. Auch die digitale Beratung der Caritas in Deutschland ist sehr gefragt: Die Schuldnerberatung ist das Online-Beratungsfeld mit den meisten Neuregistrierungen von Ratsuchenden in den vergangenen 12 Monaten. Aktuell melden sich deutschlandweit pro Monat etwa 800 neue Ratsuchende für dieses Angebot an – zusätzlich zu den Kontakten, die in den Beratungsstellen vor Ort stattfinden. In Haßfurt versuchen Karin Rosin und Heike Först die Anfragen möglichst schnell telefonisch zu klären und zeitnah einen Beratungstermin zu vereinbaren.

 

Kontakt zur Schuldner- und Insolvenzberatung im Landkreis Haßberge:

Caritasverband f.d.Lkr. Haßberge e.V.
Obere Vorstadt 19, 97437 Haßfurt
Tel.: 09521 691-0
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